Mehr Wertschätzung für deine Vielseitigkeit: Praktische Tipps

Beim Umgang mit der Vielseitigkeit als Solopreneur scheiden sich die Geister: Während einige ihre Vielfalt feiern, gibt es andere (mir scheint: die Mehrheit), die damit hadern und insgeheim das, was ihre eigentliche Stärke ausmacht, insgeheim als Makel betrachten. Schluss damit!

Es wird Zeit, die vielen Facetten deiner Kompetenzen, Erfahrungen, Ideen & Interessen mit echter Wertschätzung zu behandeln.

Die eigene Wertschätzung ist die Voraussetzung dafür, dass auch andere - potenzielle Kunden, Kooperationspartner oder sogar Menschen aus dem Privatbereich - dir mit mehr Wertschätzung begegnen.

Ich habe diesen Perspektiv-Wechsel selbst vollzogen und wünschte nur, dass ich es früher getan hätte.

In diesem Beitrag habe ich ein Potpourri praktischer Tipps zusammengestellt, die du ab sofort umsetzen kannst.

I. Drei häufige Gründe, weshalb wir unsere Vielseitigkeit negativ sehen

Dass wir unsere besonderen Begabungen und Fähigkeiten oft in schlechtem Licht sehen, hat viel mit negativen Einflüssen zu tun, denen wir im Laufe der Jahre begegnet sind.

Diese haben ihre Spuren hinterlassen. Oftmals sogar, ohne dass uns das bewusst ist.

Besonders gravierend sind diese drei Einflüsse:

• Kindheits-Erfahrungen
  
• Erfahrungen in der Selbstständigkeit
  
• Gesellschaftliche Einflüsse
  

Einfluss #1: Kindheits-Erfahrungen ("Kannst du nicht endlich mal an einer Sache dranbleiben?")

Viele von uns haben schon in der Kindheit Sätze gehört wie

• "Kannst du nicht endlich mal an einer Sache dranbleiben?"
  
• "Weshalb kannst du dich nicht für eine Sache entscheiden?"
  
• "Du musst doch wissen, was du willst."
  

Oft kamen diese Sätze in einem bestimmten Tonfall.  Oder mit einer bestimmten Mimik.

Was entnehmen wir daraus als Kinder? Genau.

• "Mit mir stimmt etwas nicht." 
• "Ich verhalte mich nicht so, wie ich mich verhalten sollte".
• "Ich bin nicht so, wie ich sein sollte".

Die Kindheit ist lange vorbei, magst du denken.

Doch zum einen wissen wir, dass Prägungen, die wir in der Kindheit erfahren, auch später noch wirken, möglicherweise auf einer unbewussten Ebene.

Und außerdem gab (oder gibt) es solche Sätze ja auch noch im Erwachsenenalter:  In der Partnerschaft. Im Beruf. Bei anderen Gelegenheiten.

Tausende von Malen solche Botschaften zu hören, hinterlässt Spuren.

Einfluss #2: Erfahrungen in der Selbstständigkeit ("Du musst dich spitz positionieren")

In der Selbstständigkeit sind wir im Prinzip aufgerufen, unsere Einzigartigkeit zu verwirklichen.

Aber offenbar nur dann, wenn sie ins Schema passt.

Die meisten Marketing- und Positionierungs-Berater schlagen die Hände über dem Kopf zusammen, wenn du deine Vielfalt verwirklichen willst.

"Du musst dich spitz positionieren" sagen sie.

Wenn das denn ginge.

Meine Erfahrung aus dem eigenen Business wie auch mit meinen vielseitigen Beratungskunden ist:

• Erst mal ist es gar nicht einfach, aus all den Fähigkeiten beliebig etwas herauszupicken. Es hat etwas Willkürliches.
  
• Selbst wenn es gelingt, funktioniert es nicht lange. Denn die anderen Interessen und Kompetenzen lassen sich nicht einfach abschneiden. Sie drängen darauf, ebenfalls zu ihrem Recht zu kommen.
  
• Über kurz oder lang steht man folglich wieder vor dem gleichen Dilemma: Wofür soll ich mich entscheiden?
  

Genau aus diesen Gründen habe ich schon sehr früh andere Positionierungs-Strategien entwickelt: 

• So dass Vielseitige ihre Vielfalt leben können.
• Aber nicht in Form eines Bauchladens.
• Sondern in einer geordneten Weise, die attraktiv ist für die Kunden meiner Kunden. Viele bezeichnen das als Dach, das sie mit meiner Hilfe finden.
  

Einfluss #3: Gesellschaftliche Einflüsse ("Von allem etwas wissen, aber nichts richtig können")

Letztlich agieren wir nicht im luftleeren Raum. Sondern unser Leben und unser Business finden im gesellschaftlichen Rahmen statt und wird beeinflusst durch kollektive Anschauungen und Meinungen.

Diese drücken sich gern in Redensarten aus. Zum Beispiel:

• Von allem ein bisschen wissen, aber nichts richtig können.
  
• Zehn Dinge angefangen und nichts zu Ende gebracht.
  
• Auf zu vielen Hochzeiten tanzen.
  
• Hansdampf in allen Gassen.
  
• Oder im englischsprachigen Raum:  "Jack of all trades, master of none" - Jemand, der viele Dinge kann, aber in keinem Bereich wirklich herausragend ist.
  

Wertschätzung für Vielseitigkeit würde anders klingen, oder?

II. Drei praktische Möglichkeiten, mehr Wertschätzung für deine Vielfalt zu entwickeln

Diese Einflüsse sind nach wie vor allgegenwärtig. In der Summe über all die Jahre hinterlassen sie ihre Spuren.

Doch das heißt nicht, dass du nichts ändern kannst.

Du kannst dich von den Einflüssen, Prägungen und eigenen Entscheidungen der Vergangenheit befreien.

Du kannst deine Zukunft in neue Bahnen zu lenken. 

Diese Möglichkeit zu haben und zu nutzen, ist in meinen Augen die ultimative Freiheit.

Dafür braucht es Perspektiv-Wechsel. Drei Möglichkeiten dafür stelle ich dir hier vor:

• Schau auf die Vorteile deiner Vielseitigkeit
  
• Suche nach Beispielen für Erfolg mit Vielseitigkeit
  
• Achte auf Anzeichen von Sinneswandel in der Gesellschaft
  

Perspektiv-Wechsel #1: Schau auf die Vorteile deiner Vielseitigkeit (mit einer praktischen Übung)

Ich möchte dir eine Übung vorstellen, die ich gern mit Klienten mache. Immer wieder mit durchschlagendem Erfolg.

Denn die meisten denken selten (oder nie) über die positiven Erfahrungen ihrer Vielfalt nach.

Wenn sie es denn tun, kommen sie aus dem "Ah" und "Wow" und "So habe ich das noch nie gesehen" kaum heraus.

Hier ist die Übung in einer vereinfachten und verkürzten Form:

• Trage 5 Situationen zusammen, in denen du sehr erfolgreich warst.
  
• Mach dir bewusst, wie deine Vielfalt dazu beigetragen hat. Zum Beispiel deine Erfahrungen aus einem ganz anderen Bereich. Oder deine Erfahrungen mit Projekten unterschiedlichster Art. Oder dein multi-kultureller Background.
  
• Wie verändert sich dadurch der Blick auf deine Fähigkeiten?
  

Perspektiv-Wechsel #2: Suche nach Beispielen für Erfolg mit Vielseitigkeit

Dafür habe ich zwei Buchtipps, über die ich bereits in meinem Beitrag Vielseitigkeit ist kein Makel. Es lebe der Generalist! geschrieben hatte.

• David J. Epstein: Range. Why Generalists Triumph in a Specialized World  (Deutsche Version: Es lebe der Generalist! Warum gerade sie in einer spezialisierten Welt erfolgreicher sind)
  
• Waqas Ahmed: The Polymath. Unlocking the Power of Human Versatility.
  

Im Folgenden zwei Auszüge aus meinem Original-Artikel:

Perspektiv-Wechsel #3: Achte auf Anzeichen von Sinneswandel in der Gesellschaft

Kollektive Überzeugungen und Glaubenssätze sind nicht in Stein gemeißelt. Auch sie können sich wandeln, auch wenn das eine Weile dauert.

In diesem Prozess gibt es immer wieder Inseln von neuem Bewusstsein. Einige Beispiele dafür: 

• Nicht zu unterschätzen ist der Einfluss solcher Bücher wie der oben erwähnten. "Range" war ein #1 New York Times Bestseller und auf der Shortlist für den Financial Times/McKinsey Business Book of the Year Award" und wurde in zahlreichen Medien erwähnt (Quelle). Der erwähnte TEDx-Talk von David Epstein hat 2,6 Mio Aufrufe.
  
• Die Forschungen zur Neurodiversität haben zu der Erkenntnis geführt, dass jedes Gehirn anders tickt. Es gibt nicht mehr nur einen engen Bereich dessen, was als normal angesehen wird, sondern dieser weitet sich aus. Mit anderen Worten: Wir müssen nicht einer "Norm" entsprechen, sondern dürfen anders "ticken" als andere.
  
• Die großen Themen unserer Gesellschaft lassen sich mit hergebrachtem Denken nicht mehr lösen. Hinzu kommen technologische und sonstige Veränderungen, die andere Fähigkeiten verlangen. Unter anderem solche, wie sie für Vielseitige typisch sind, zum Beispiel die Verknüpfung von Wissen aus unterschiedlichen Sparten.
  

Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Änderungen in Teil-Bereichen ändern noch nicht die gesamte Gesellschaft.

Doch es ist heutzutage leicht möglich, Gleichgesinnte zu finden, sich mit ihnen zu vernetzen und sich gegenseitig den Rücken zu stärken.

III. Aber was ist mit den Schattenseiten?

Wir haben bereits einen großen Bogen geschlagen. 

Wir haben gesehen, dass es eine Reihe von äußerer Einflüsse gibt, die uns signalisieren, dass mit uns etwas nicht stimmt. Wir können uns dem nicht entziehen. Denn diese Botschaften sind allgegenwärtig:

• Sie fingen an in der Kindheit und setzen sich bis heute fort. 
• Sie betreffen den Umgang mit unserer Vielfalt im privaten Bereich wie im Busines ("spitze Positionierung").
• Sie sind verankert in den kollektiven Überzeugungen unserer Gesellschaft.

Gleichwohl bist du all dem nicht ausgeliefert. Du hast die Freiheit, dich selbst und die Möglichkeiten, mit deiner Vielfalt erfolgreich zu sein, neu zu sehen.

• Du kannst dir selbst mehr Wertschätzung schenken.
• Du kannst dich an Erfolgsbeispielen anderer orientierten.
• Du kannst dich mit denen vernetzen, die am gesellschaftlichen Wandel beteiligt sind.
  

Ist damit alles in Butter? Nein, es gibt noch ein Thema, das hier eine Rolle spielt: deine Schattenseiten. 

Damit meine ich die Seiten an dir, mit denen du dir selbst ein Bein stellst und / oder andere Leute unnötig nervst. Zum Beispiel

• Es dir mit unwichtigen Entscheidungen unnötig schwer machen.
  
• Sprunghaft zu sein und andere dabei vor den Kopf zu stoßen
  
• Zu viel neu anfangen und zu wenig beenden. Das kann auch bedeuten, zu viel Zeit mit deinen Ideen zu verbringen und zu wenig davon umzusetzen.
  

1) Wertschätzung bedeutet nicht, alles gutzuheißen

Man könnte "Wertschätzung" verstehen als bedingungsloses Gutheißen von allem, was du denkst und tust.

Das ist nicht mein Verständnis.

Sondern mein Verständnis ist, die Welt durch eine realistische Brille zu betrachten.

Und dazu gehört, auch die Schattenseiten wahrzunehmen.

Andere Worte dafür sind Schwächen, schlechte Gewohnheiten, ungünstige oder sogar schädliche Denk- und Verhaltensweisen.

2) Du solltest deine Schattenseiten nicht ignorieren

Deine Schattenseiten zu ignorieren, macht keinen Sinn.

Sie verschwinden dadurch nicht.

Die negativen Auswirkungen auf dich selbst, auf dein Business, auf Beziehungen zu anderen verschwinden dadurch nicht.

Im Gegenteil: Wenn du nichts unternimmst, verschärfen sich die Nachteile noch.

Auf der anderen Seite macht es auch keinen Sinn, die Schattenseiten mit aller Gewalt bekämpfen zu wollen.

Ein Einzelfällen mag das sinnvoll sein.

Generell ist meine Empfehlung, die Schattenseiten zu managen.

3) Drei Möglichkeiten, deine Schattenseiten besser zu managen

Um deine Schattenseiten zu managen, gibt es eine Reihe von Möglichkeiten. Drei davon sind:

• Schaffe neue Gewohnheiten. Zum Beispiel, ein neues Buch erst zu kaufen, wenn du ein angefangenes Buch beendet hast.
  
• Schaffe Systeme, um die neuen Gewohnheiten zu unterstützen. Zum Beispiel ein neues Buch, das du dir wünschst, zunächst nur in den Warenkorb deines Online-Händlers zu legen, und mit dem Kaufvorgang zu warten. Parallel dazu feste Lesezeiten einzurichten.
  
• Lass dich von anderen unterstützen. Beim Buch könnte das ein Buchclub sein, wo du mit anderen gemeinsam ein Buch liest. In anderen Bereichen kann das ein Accountability-Partner sein, eine virtuelle Assistenz, ein Coach.
  

IV. Mehr Wertschätzung dient deinem Selbstbild, deiner Reputation nach außen und deinem Business

1) Mehr Wertschätzung zu entwickeln für deine Vielseitigkeit, und dabei deine Schattenseiten zu managen, dient dir selbst. Mit einem positiveren Selbstbild tritts du auch nach außen anders auf.

2) Es dient auch deiner Reputation. Deine Stärken kommen besser zur Geltung. Deine Schwächen fallen weniger ins Gewicht.

3) Es dient deinem Business. Du kannst dich mehr auf das Wesentliche fokussieren und unnötige Verzettelung vermeiden.

V. Auch ein Beitrag für die Gesellschaft

Meine feste Überzeugung ist, dass du damit auch der Gesellschaft dienst und zu den Pionieren gehörst für neuen Umgang mit sich selbst, mit anderen und mit den Herausforderungen, die es zu meistern gilt.

• Du kannst den Boden bereiten für eine andere Art und Weise, mit sich selbst und anderen umzugehen, zum Beispiel generell mehr Wertschätzungs-Kultur zu entwickeln.
• Du kannst deine Fähigkeiten einbringen, um neue Lösungen zu finden für schon bestehende Herausforderungen.
• Das Gleiche gilt für Herausforderungen, die neu auf uns zukommen und für die wir auf bestehende Lösungsansätze nicht zurückgreifen können.
  

Der beste Weg, dorthin zu gelangen: Beginn bei dir selbst!